Heise meets…. Krisenmanagement &-Kommunikation muss wie eine Ehe funktionieren

Risiko muss proaktiv gemanagt werden, mahnt Krisenmanager Moritz Rüter. Krisenkommunikationsexperte Wahid Samimy setzt nach: Schnelligkeit vor Vollständigkeit.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Michael Praschma
Inhaltsverzeichnis

Täglich berichten Medien über echte oder vermeintliche Krisen, nicht nur über die großen Krisen der Welt, sondern auch über Krisen in Unternehmen, Organisationen und Institutionen. Krisen sind vielfältig und fallen immer unterschiedlich aus. Dabei meldet sich die Krise oftmals nicht an, sondern stehen als unangenehme Besucher plötzlich vor der Tür. Damit keine Panik ausbricht, sollten Unternehmen bereits präventiv vor der Krise handeln.

Natürlich ist es nicht möglich, alle Krisen zu verhindern oder vorherzusehen. Aber durch eine proaktive und vorausschauende Herangehensweise kann man viele Risiken minimieren und die Resilienz der Organisation stärken. Die Schlüssel sind Achtsamkeit, Vorbereitung und ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Um also klar zu kommunizieren, bracht es klar definierte Kommunikationsrichtlinien, transparente und regelmäßig interne Updates, ein übersichtliches und klares Monitoring, schnelle und konsistente externe Kommunikation sowie eine Kultur des Vertrauens und der Verantwortung.

Wenn es zur Krise gekommen ist, sollte Krisenmanagement und -kommunikation eingeübt sein. Flucht, Angriff oder Schockstarre sind in diesen Situationen mächtige Wirkmomente. Aber die „es-wird-schon-gut-gehen-Strategie“ ist meist keine ratsame Vorgehensweise. Gleich am Anfang einer Krise muss der richtige Weg eingeschlagen werden. Die Art der Zusammenarbeit im Unternehmen sollte allen Mitarbeitenden bekannt sein. Von Anfang an, muss richtig gehandelt werden.

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"Wenn die Krise eingetreten ist und öffentlich wird", erläutert Wahid Samimy, "geht Schnelligkeit immer vor Vollständigkeit". Als erstes sollten die relevanten Daten öffentlich gemacht werden. Wenn die Fakten noch nicht komplett bekannt sind, ist es nicht wichtig, ob sich der Schaden auf etwa 7,5 Mio. oder 7,9 Mio. € beläuft oder von einer „hohen Millionensumme“ gesprochen wird. Es geht dabei darum, dass die betroffene Institution die Hoheit über die Fakten und stabilen Zahlen behält. Die Öffentlichkeit muss über den Vorfall informiert werden. An dieser Stelle arbeiten Krisenmanagement und Krisenkommunikation eng zusammen. Zudem ist es wichtig, die Mitarbeitenden in der Kommunikation mitzunehmen, denn die Mitarbeitenden sind die besten Botschafter des Unternehmens. Laut Wahid Samimy sollte Folgendes kommuniziert werden: "Was ist passiert, wer oder was ist zu Schaden gekommen, mit welchen Auswirkungen ist zu rechnen. Was hat das Unternehmen bereits unternommen, was sind die nächsten Schritte."

Ein sehr wichtiger Punkt in der Krisenkommunikation ist die Reputationsstrategie. Es gibt keine Zauberformel, da jede Krise anderes ist. Wahid Samimy, erläutert aber den "kommunikativen Dreisprung": Erstens, direkte kompromisslose Offenlegung des Problems. Alles muss eingestanden werden. Kein halbherziges Bedauern oder Abstreiten. Zweitens, offensive Darstellung der Demut und Entschuldigung bei den Geschädigten. In dieser Phase muss ein größtmögliches Entgegenkommen signalisiert werden. Dazu gehört die offensive Darstellung von Demut gegenüber dem „Verletzten“. Der „Verletzte“ kann auch im übertragenen Sinn ein nicht persönlich und direkt betroffener Kreis sein. Wenn eine öffentliche Person eine Promotion plagiiert hat, ist der „Verletzte“ die Wissenschaft. Im dritten Schritt, der im Grunde dazu dient die vorhergehenden Punkte zu festigen, wird die Bereitwilligkeitsgeste weiter auf der Spitze untermauert und manifestiert. Hier werden andere positive Nachrichten hinzugefügt, um die absolute Ernsthaftigkeit des Demutsframes zu veranschaulichen und herauszustellen. Dies sollte sich, soweit möglich, in einer realen Handlung manifestieren. Das kann die Gründung eines Hilfsfondses, eine einschneidende Maßnahme in der Organisationsstruktur, eine fundamentale Neuerung (>Policy>) oder ein nicht rückgängig machbarer Wandlungsschritt sein.

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"Beide Bereiche (Management und Kommunikation) müssen im Falle einer Krise miteinander 'verheiratet' sein. Wie in einer guten Ehe geht es hier um Vertrauen, Offenheit und gemeinsame Weg", so Moritz Rüter. Das gemeinsame Ziel ist, Vertrauen wieder herzustellen, Schaden abwenden und Transparenz zu schaffen. Ist die Krise aufgetreten, kann auch Hilfe von Extern geholt werden, hier bieten sich Interessensverbände, Behörden (etwa das BSI) und Beratungsunternehmen mit Krisenmanagement und Krisenkommunikationsexpertise an.

Der Blick nach außen kann oftmals helfen die entscheidenden Weichen unabhängig in der Institution oder Unternehmen neu zu bewerten.

(sege)